Intern
Philosophische Fakultät

Exkursion des Instituts für Altertumswissenschaften in das British Museum

07.08.2023
Die Exkursionsgruppe vor ihrem täglichen Treffpunkt, dem Löwen von Knidos im Great Court des British Museum

Das British Museum ist eines der bekanntesten und beeindruckendsten Museen der Welt. Seine Sammlungen umfassen eine Vielzahl der unterschiedlichsten Kulturen und Epochen der Weltgeschichte, darunter weltberühmte Exponate aus den alten Kulturen Ägyptens, der mediterranen Welt und Vorderasiens. Dementsprechend eröffnete sich uns, den Studierenden verschiedener altertumswissenschaftlicher Studiengänge an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, eine herausragende Gelegenheit, um im Zuge der diesjährigen Exkursion gemeinsam eine Reise nach London anzutreten.

Vorbereitung

Um die für eine Sammlung dieser Größe, nur recht kurze Zeit von vier Tagen optimal nutzen zu können, startete die Auseinandersetzung mit der Geschichte, den Exponaten und auch den Kontroversen des Museums bereits in den Semesterwochen vor der Reise selbst. In mehreren ganztägigen Seminarsitzungen brachten wir uns gegenseitig die wichtigsten Exponate aus den jeweiligen Fächer schon vorab nahe, bevor wir vom 8. bis 11. Juni 2023 dann nach London reisten.

Die Reise

Der Donnerstag, wie auch die Exkursion begannen für uns ausgesprochen früh, denn wir starteten um 2:30 Uhr am Bahnhof in Würzburg, um pünktlich in Frankfurt am Flughafen zu sein. Der Flug nach London und die Fahrt zum Hotel verliefen ohne Komplikationen, so dass wir bei unserer Ankunft um 9 Uhr noch zwei Stunden Zeit für ein ausgedehntes Frühstück hatten. Nach einem Treffen mit der ganzen Gruppe am Löwen von Knidos, der auch in den folgenden Tagen unser Treffpunkt sein sollte, schwärmten alle in ihren jeweiligen Fachgruppen aus, um zunächst fachspezifisch ‚ihre‘ Sammlungen zu erkunden.

Es folgten vier Tage der intensiven Beschäftigung mit bereits Bekanntem, aber auch vielen neuen und faszinierenden Museumsstücken, die wir im Rahmen von Plenumsführungen auch den jeweils fachfremden Kommilitoninnen und Kommilitonen vorstellten.

Neben gründlicher Vorarbeit und der fachlichen Betreuung unserer Professoren erwiesen sich vor allem die Einblicke hinter die Kulissen als außerordentlich bereichernd. Zunächst zeigte Kuratorin Dr. Nancy Highcock den Studierenden der Altorientalistik in den Kellern des Museums die berühmte ‚Gartenlaubenszene‘ des Assurbanipal, während am nächsten Tag Kurator Dr. Jonathan Taylor in die Sammlung der Keilschrifttafeln im berühmten Arched Room einführte. Die Studierenden der Ägyptologie konnten das Depot der Ägyptologie unter fachkundiger Führung der Kuratorin Dr. Ilona Regulski besichtigen.

Von den assyrischen Palästen bis zu den Königsgräbern von Ur

Bereits der erste Tag hatte mit Funden der neuassyrischen Residenzstädte Ninive und Nimrud einige Highlights zu bieten. Hier offenbarte sich uns der Prunk der neuassyrischen Könige durch die Orthostatenreliefs, die beindruckenden Lamassu-Torwächtern und den schwarzen Obelisk Salmanassars III. Wir konnten die Darstellungen von Feldzügen, Jagden und Bauvorhaben, die einst die Paläste assyrischer Könige zierten, im Detail studieren. Als Krönung des Tages durften wir noch im Keller einige Reliefs sehen, die nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Am folgenden Tag erwarteten uns die Exponate des Königsfriedhofs von Ur, des Glanz und Schreckens der Gefolgschaftsbestattungen der Königin Puabi, ihr beindruckender Kopfschmuck, die berühmte Standarte von Ur oder der „Ziegenbock im Gebüsch“. Weiter aber auch die Statue des Idrimi und andere Fundstücke, die außerhalb Mesopotamiens gefunden wurden. Nachdem wir auch schon in der Ausstellung besonders bedeutende Keilschrifttexte, von Briefkorrespondenzen, babylonischer Weltkarte bis zum Flutmythos, gestoßen waren, erlangten wir einen tieferen Einblick in die Keilschrifttafelbestände des British Museum durch die Dr. Jonathan Taylor, der uns als Kurator Einblicke hinter die Kulissen ermöglichte und uns hautnah mit Tafeln der Sammlung in Berührung kommen ließ.

Nicht nur Mumien!

Wir Ägyptologinnen haben uns zusammen mit Mitgliedern des Würzburger Ägyptologieforums zunächst mit Inschriften Altägyptens quer durch die Jahrtausende befasst, wie zum Beispiel mit einer Scheintür oder der Stele des Haremhab.

Nach dem Rundgang fand dann die Führung in das ägyptische Depot statt, die von Dr. Ilona Regulski durchgeführt wurde. Dies erlaubte uns einen einzigartigen Einblick hinter die Kulissen. Das Depot ist nach Materialien aufgeteilt und trennt Organisches, von steinernen Objekten, Keramik und Papyri, die ihren eigenen Raum besitzen. Von einer 3 Meter langen Krokodilmumie bis zu erotischen Figurinen war alles dabei. 

Für die Ägyptologie bietet in London nicht nur das British Museum mit seinen Exponaten (vom Rosetta-Stein über Handschriften des Totenbuchs bis zu den Grabmalereien des Nebamun) reiche Gelegenheit zum Studium, sondern auch das Petrie Museum ein paar Straßen weiter eröffnet Zugang zu einer umfangreichen ägyptologischen Sammlung. Als Universitätsmuseum des University College (UCL) beherbergt das Petrie Museum etwa 80.000 Objekte aus allen Epochen des alten Ägyptens. Benannt wurde das Museum nach William Flinders Petrie, einem bedeutenden Archäologen und Ägyptologen, der zahlreiche Ausgrabungen in Ägypten (u.a. in Hawara und Amarna) durchführte und die Ägyptologie in London begründete. Im Petrie Museum stand vor allem freie Besichtigung an, was gut war angesichts der schieren Menge an kleinteiligen Objekten, eng aneinander gereiht in den Vitrinen.

    

Gräber, Tempel, kostbare Gefäße

Ausgesuchte Themen der Klassischen Archäologie, die wir schon in unseren Referaten aufbereitet hatten, konnten wir nun im Detail betrachten und offene Fragen am Objekt selbst erörtern – darunter bedeutende Beispiele der Monumentalplastik, wie der Parthenonfries und die Erechtheionkore von der Athener Akropolis, der Fries des Apollontempels von Bassai auf der Peleponnes, aber auch Funde aus Kleinasien, wie das Mausoleum von Halikarnassos in Karien sowie Grabmäler aus dem lykischen Xanthos (‚Harpyien-Monument‘ und ‚Nereiden-Monument‘).

Der römische Bereich des Museums hatte mit bedeutenden römischen Silberschätzen und hervorragend erhaltenen hölzernen Objekten, bekannten römischen Glasgefäßen wie der Portlandvase und dem Lykurgosbecher und zahlreichen Funden aus der etruskischen und zyprischen Welt aufzuwarten.

"Collecting the World"

Schon in unseren Vorbereitungsseminaren hatten wir uns auch mit der Geschichte und musealen Konzeption des British Museum beschäftigt, vom Begründer des Museums Hans Sloane bis zu aktuellen Debatten um Provenienz und Restitution. Auch in unseren Mittagspausen richtete sich das Gespräch daher neben der Diskussion der Exponate selbst immer wieder auch auf die Ausstellungspraxis des British Museums und aktuelle Themen wie die Diskussion um eine Rückgabe der Elgin Marbles an das Parthenon-Museum in Athen.

Auf vier sehr intensiven Tage voller Staunen, Lernen und freundschaftlichen Austausch, folgte der Abschied des uns nun sehr vertrauten monumentalen Gebäudes in Gestalt eines klassisch-antiken Tempels im Herzen Londons.


Text und Bilder: Studierende des Studiengangs Alte Welt sowie der Studiengänge der Ägyptologie, Altorientalistik, Klassische Archäologie und Vorderasiatische Archäologie

Leitung der Exkursion: Daniel Schwemer und Martin Stadler

„Collecting the World“: Name einer Gallery des British Museum, die sich den Sammlungen widmet, die zur Entstehung des Museums beigetragen haben; zugleich Titel einer Biographie von Hans Sloane (James Delbourgo, Collecting the World: Hans Sloane and the Origins of the British Museum. London: Penguin, 2017).

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