Intern
MUS-IC-ON

Anfänge - Exploratorium

Raum „Ursprünge”

Schon im Kleinkindalter dient die Nachahmung von Klängen der Kommunikation und dem Erlernen von Sprache. Abgesehen von der Stimme und dem eigenen Körper gibt es viele Hilfsmittel, um Geräusche aus unserer Umwelt zu imitieren. Fast jeder hat sie zu Hause: Knackfrösche, Regenstäbe oder Vogelpfeifen. Dank der Erfindungsgabe und Fantasie des Menschen kommen zu den natürlichen eine Vielfalt an künstlichen Klängen hinzu und so werden ganz neue Klangwelten erschaffen – Musik!

Welche Klänge erzeugten unsere Vorfahren? Welche Mittel und Materialien standen ihnen zur Verfügung? Neben einem Überblick zu den unterschiedlichen Mitteln der Klangerzeugung und ihre frühesten Beispiele können Sie in diesem Raum am Exploratorium einige der ältesten Instrumente der Menschheit selbst ausprobieren und den Ursprüngen unserer modernen Klangformen auf den Grund gehen.

Bemalter Mammutoberschenkelknochen als Schraper (Replikat)

Der überdimensionierte Schraper war Teil eines Ensembles, zu dem Idiophone gehörten.

Mezin (Ukraine), 18.000–12.000 v. Chr.
Wien, Österreichische Akademie der Wissenschaften (Replikat)
EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Audioguide: Mammutknochen

Klarinette (Replikat)

Die Flöte aus dem „Hohlen Fels“ hat – anders als die meisten späteren Flötenfunde – fünf Grifflöcher anstelle von vieren und weist ein weitgehend intaktes Ende mit einem diagonal verlaufenden Schnitt auf, an den man ein Blättchen aus Birkenrinde oder einem anderen Material befestigen kann. So wird aus einer Flöte eine Art Klarinette.

Hohle Fels Höhle (Deutschland), 38.000 v. Chr.
Tübingen, Sammlung der Universität
Replikat: Deutsches Archäologisches Institut; Orient-Abteilung (Berlin);
EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Flöten (Replikate)

Diese Flöte aus einem Gänsegeierknochen ist nahezu vollständig erhalten. Am oberen Ende wurde eine Kerbe eingeschnitzt, über die sich ein Hinweis auf die Spielweise ergibt.

Hohle Fels Höhle (Deutschland), 38.000 v. Chr.
Tübingen, Sammlung der Universität
Replikat: Deutsches Archäologisches Institut; Orient-Abteilung (Berlin);
EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

An der nur fragmentarisch erhaltenen Geißenklösterle-Flöte haben sich drei Grifflöcher und das obere Ende mit dem Spalt erhalten.

Geißenklösterle Höhle (Deutschland), 38.000 v. Chr.
Stuttgart, Württembergisches Landesmuseum
Replikat: ÖAW Wien; EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Unter den frühen Flöten ist die zweite Geißenklösterle-Flöte technisch besonders aufwendig gestaltet. Zunächst wurde aus dem massiven Stoßzahn eines Mammuts eine lange zylindrische Form herausgearbeitet. Diese wurde dann in zwei Hälften geteilt, ausgehöhlt und schließlich wieder zusammengefügt, bevor die Grifflöcher angebracht werden konnten.

Geißenklösterle Höhle (Deutschland), 38.000 v. Chr.
Stuttgart, Württembergisches Landesmuseum
Replikat: ÖAW Wien; EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme
of the EU

Die Flöte aus Veyreau steht am Ende der Reihe früher Flöten. In ihrem Grundschema entspricht sie schon fast unserer heutigen Blockflöte.

Veyreau (Frankreich), 2.000–1.700 v. Chr.
Paris, Musee de la Musique
Replikat: Deutsches Archäologisches Institut; Orient-Abteilung (Berlin);
EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Audioguide: Frühe Flöten
Knochenklarinette

Ralf Gehler spielt im Konzert vom 18. Januar 2020 im Toscana-Saal das Replikat der Knochenklarinette aus der "Hohle-Fels-Höhle".

Knochenflöte und Crotala

Noch weit ins europäische Mittelalter hinein wurden Knochenflöten als Signalgeber oder Instrumente der Tanzmusik gefertigt. Oft sind solche Instrumente Oberflächenfunde wie die Flöte aus der Waräger-Stadt Haithabu (Schleswig-Holstein, 10. Jh.). Ralf Gehler spielt einen Nachbau dieser Flöte, rhythmisch begleitet von Susanne Rühling mit Crotala. (Mitschnitt vom 18. Januar 2020 im Toscana-Saal der Würzburger Residenz).

Lithophon (Rekonstruktion)

Die im Original nebeneinander gelegenen Feuersteinklingen wurden unter der Annahme, dass es sich um klingende Steine – so genannte Lithophone – handelt, zu einem Stabspiel rekonstruiert.

Etiolles (Frankreich), 13.000 v. Chr.
Rekonstruktion: Deutsches Archäologisches Institut; Orient-Abteilung (Berlin); EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Audioguide: Lithophone

EXPLORATORIUM

Replikate
Cajsa S. Lund, Musik i Syd,
EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture
Programme of the EU

Rasselring (Replikat)

Diese jungsteinzeitliche Rassel aus Muscheln wurde um das Arm- oder Fußgelenk gebunden, vielleicht zur rhythmischen Begleitung von Tänzen.
Mezin (Ukraine), 20.000 v. Chr. (Paläolithikum)


Replikat: ÖAW Wien, EMAP: Archaeomusica with the Support of the
Culture Programme of the EU

Schraper und Rassel (Replikat)

Auch Kieferknochen von Tieren eignen sich als Schraper und Rassel. Denn die sich beim Verwesungsprozess lockernden Zähne schlagen beim Schütteln aneinander und erzeugen dabei ein Rasselgeräusch.

Gotland (Schweden), 5000–3500 v. Chr. (Neolithikum)

Replikat: Privatsammlung Cajsa Lund, EMAP: Archaeomusica
With the Support of the Culture Programme of the EU.

Schraper (Replikat)

Berühmtheit erlangte die Pekárna-Höhle wegen der dort entdeckten, steinzeitlichen Ritzzeichnungen mit Tiermotiven. Dieses oft als Szepter missverstandene Objekt stellt sicher ein Idiophon, und zwar einen Schraper dar.

Pekárna-Höhle (Tschechien), 18.000–12.000 v. Chr. (Jungpaläolithikum)

Replikat: Deutsches Archäologisches Institut; Orient-Abteilung (Berlin),
EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU.

Tontrompete (Replikat)

Keramiktrompeten sind im europäischen Raum seit der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. nachgewiesen. Aufgrund ihrer Lautstärke ist eine Kommunikation über weite Entfernungen möglich.

Höhle von Vallabrix (Frankreich), 2800–2000 v. Chr.

Replikat: Deutsches Archäologisches Institut; Orient-Abteilung (Berlin),
EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU.

Hörner (Replikate)

An den Hörnern kann man sehr gut die Vielfalt der verwendeten Materialen ablesen, die ausgehend von Muschel oder Tierhorn dann auch artifiziell in Ton nachgebildet wurden.

Tonhorn: Rouet, Grotte des Trois Chênes (Frankreich), 6000–2500 v. Chr.
Replikate:
Privatsammlung Adje Both und Olga Sutkowska
Deutsches Archäologisches Institut; Orient-Abteilung (Berlin);
EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Schwirrhölzer (Replikate)

Die Grundform von Schwirrhölzern bleibt über die Jahrtausende hinweg gleich. Anhand ihrer Dekors können sie dennoch zeitlich genauer zugeordnet werden.

Lalinde, Grotte de la Roche; Badegoule (beide Frankreich), Riparo Gaban Abri, Conca di Trento (Italien), 14.000–12.000; 22.000–18.000; 4.900–4.700 v. Chr.
Replikat: Deutsches Archäologisches Institut; Orient-Abteilung (Berlin); EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Audioguide: Schwirrhölzer

Neolithische Tontrommeln (Replikate)

Die neolithischen Tontrommeln sind für einen relativ kurzen Zeitraum in verschiedenen Regionen Deutschlands bezeugt. Die am oberen Rand der unten offenen Sanduhr-Form angebrachten Vorsprünge dienten wohl der Befestigung des Trommelfells.

Lagerburg, Pevestorf, Zorbau (Deutschland), 3400–2700 v. Chr. (Neolithikum)
Replikate: ÖAW (Wien); EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Audioguide: Neolithische Trommeln

Rassel in Vogelform (Replikat)

Die Rassel in Vogelform war in einem römerzeitlichen Grab beigelegte. Da seine Gestalt zweifellos bronzezeitlich ist, muss es sich um eine ‚Antiquität‘ handeln, die vielleicht der Grabbesitzer aufgefunden hatte.

Ichstedt (Deutschland), 1300–800 v. Chr. (Bronzezeit)
Landesmuseum für Vorgeschichte, HK 90:95c

Replikate: ÖAW (Wien), EMAP: Archaeomusica with the Support of the Culture Programme of the EU

Audioguide: Vogelrasseln

Idiophone im Grab

Diese Objekte stammen alle aus einem Grab der keltischen Nekropole in Schirndorf. Neben zwei Rasseln mit Henkeln wurden sogenannte Klapperfußschalen gefunden, die sich daduch auszeichnen, dass sich im Schalenfuß Kügelchen befunden haben, die beim Schwenken des Gefäßes klingen. Derartige Objekte sind vereinzelt aus dem österreichischen wie dem mittelamerikanischen Raum bekannt.

Schirndorf, 7. Jh. v. Chr.
München, Archäologische Staatssammlung, 1976, 1103. 1129. 1130. 1132. 1135

Audioguide: Klapperfußschalen

Bemalte Tonrassel aus Böotien

Die kleine Gefäßrassel mit Stab hat im Inneren ein Kügelchen. Häufig dienten die Rasseln als Grabbeigabe in Kindergräbern.

Böotien (Griechenland), 5.–3. Jh. v. Chr.
Münster, Archäologisches Museum der Universität, 469

Nachbildungen von sog. ‚Siebrasseln‘, ‚Küchlein‘-Rasseln und Vogelrasseln aus Mesopotamien

Im vorderorientalischen Raum waren Rasseln unterschiedlicher Größe und Form verbreitet. Weit verbreitet war die so genannte ‚Küchlein‘-Form, die mit zwei Löchern versehen möglicherweise aufgehängt wurde. Eher selten ist die ‚Siebform‘ mit Henkel.

Mesopotamien (Irak), 3.–2. Jh. v. Chr.
Originale: British Museum, London

Nachbildung römischer Glöckchen in anthropomorpher Gestalt

Die anthropomorphen römischen Glöckchen tragen im Original teilweise den Namen ihrer Besitzer. Sie erzeugen einen Mehrklang.

Mérida (Spanien), 2.–3. Jh. v. Chr.
Mérida, Archäoligiches Museum
Replikate: TonArt Würzburg
Weihbischof Ulrich Boom, Aktivitas – K.D.St.V. Gothia – Würzburg

Audioguide: Tonrasseln und -glöckchen

Weiter zur -> SPURENSUCHE