Deutsch Intern
Museum und alte Kulturen

WiSe 2017/18: Der zweite Intake deutscher Studierender in Kairo

Bericht über mein Auslandssemester an der Helwan Universität Kairo im WS 2017/18 (Katharina Weber)

Im WS 2017/18 verbrachte ich mit zwei Studenten der Ägyptologie der Universitäten Bonn und Berlin ein Semester an der Helwan Universität in Kairo im dritten Intake Museum Studies.

Untergebracht war ich wie meine Vorgängerinnen im universitätseigenen Hotel in einem Doppelzimmer, das ich allein bewohnen durfte. Mein Zimmer bot aus einem riesigen Panorama-Fenster einen herrlichen Blick auf den Nil und einen großen Balkon.

Ich habe mir relativ schnell auf dem Markt und in den kleinen Läden drumherum Kochplatte, Topf und die wichtigsten Küchenutensilien zugelegt. So konnte man sich aus seinen Einkäufen auf dem Gemüsemarkt und aus dem Supermarkt doch relativ gut einfache Gerichte kochen und musste nicht allzu häufig die Lieferservice-App bemühen, die lange Wartezeiten und daher nicht immer warme Pizza etc. versprach.

Überrascht hat mich doch der gar nicht sooo warme ägyptische Winter. Ich bin davon ausgegangen, nun 6 Monate hellen Sonnenschein und annähernd 30 Grad abzubekommen. Aber auch die ungefähr 12 Grad im Dezember und Januar fühlen sich relativ kühl an und man ist gut dran, sich ein paar wärmere Pullover in den vielen Modegeschäften um den Tahrir-Platz zu besorgen.

Dies liegt zum einen daran, dass die Zimmer nicht isoliert sind, v.a. nicht die Fenster, und zum Teil zwischen Fußboden und unterer Türkante ein paar Zentimeter Abstand sind, durch die es doch auch ordentlich ziehen kann. Zum anderen aber auch gerade im Unterricht an der Vorliebe der ägyptischen Mitstudierenden für die AC. Diese wird auch bei kühlen Temperaturen gerne hoch aufgedreht, zumal man auch schlecht dieFenster im Seminarraum öffnen kann. Sie selbst sitzen dann gerne in 3 Lagen Pullover und Wintermantel in der Vorlesung. Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich darauf einzustellen und einen dicken Pulli in den Unterricht anzuziehen. Die auch als Heizung fungierende AC in meinem Zimmer hat leider nicht funktioniert.

Die Betten (ich hatte ja zwei zur Auswahl) waren sehr bequem, auch wenn man sich im Oktober noch gefragt hat, warum die Bettdecke so dick ist. Dieses Mysterium löste sich spätestens als es in den ägyptischen Winter hineinging und der Luftzug durch die Türen und Fenstern mich dazu veranlassten, lieber auf dem Markt noch eine zusätzliche Wolldecke zu besorgen. Wegen der kalten Steinfließen im Hotelzimmer könnte ich auch durchaus empfehlen, dicke Wollsocken in den Koffer zu packen. Trotz eher kühler Temperaturen in den Wintermonaten ist es nie verkehrt, ein Moskitonetz über das Bett zuspannen, dann muss man nicht allzu viel mit Chemie nachhelfen, denn über dem Nil bleibt man von diesen Tierchen natürlich nicht verschont.

Ein Stockwerk die Treppen hinauf befindet man sich auch schon im Seminarraum. Die kurzen Wege machen das seltsame Gefühl wett, im wahrsten Sinne des Wortes IN der Uni zu wohnen.

Als bis dahin scheinbar einzige Studentin habe ich alle neun angebotenen Kurse besucht. Der Stundenplan, der Vorlesungen erst am späten Nachmittag ab 16 Uhr vorsieht, lässt dies durchaus zu. In der Klausurenzeit wurde es dann ein kleines bisschen mehr Arbeit, zumal ich erst aushandeln musste, dass ich überhaupt alle Klausuren mitschreiben durfte (die ägyptischen Studenten zahlen nur für eine bestimmte Anzahl von Kursen und dürfen deshalb nur diese Anzahl belegen). Die Arbeit war jedoch durchaus stemmbar und es hat sich wegen des interessanten und breiten Fächerangebots und der netten und kompetenten Dozenten auf jeden Fall gelohnt.

Die ägyptischen Studenten sind alle ungemein freundlich und herzlich und nehmen einen gleich in ihre Mitte auf. Verständigungsprobleme gibt es relativ wenige, da das Englischniveau als Unterrichtssprache recht hoch ist. Lediglich ein Kurs wurde fast ausschließlich auf Arabisch gehalten, aber das ist eher die Ausnahme.

Auch wir drei haben einen Versuch gestartet, Arabischunterricht zu nehmen, der jedoch nicht allzu weit geführt hat. Uns wurde von der Universität ein Sprachlehrer vermittelt, der jedoch in seinem Unterrichtstil davon ausging, dass wir weit länger als nur wenige Monate zum Sprachenlernen zur Verfügung hätten. Außerdem ist ägyptische Pädagogik zum Teil doch etwas anders gelagert als man es landläufig gewohnt ist. Da wir uns letztendlich nicht mit „Schreibe dieses Wort nun 10 Mal, weil du es nicht gewusst hast“-Anweisungen arrangieren konnten, haben wir diesen Punkt relativ schnell ad acta gelegt.

Da der Unterricht in Kairo nachmittags bzw. abends stattfindet, bleibt einem relativ viel Zeit. Zum einen natürlich, um Gruppenarbeiten, Referate und später Klausuren vorzubereiten, zum anderen aber, um die Stadt näher kennen zu lernen. Ich bin in Kairo viel allein unterwegs gewesen und habe mich eigentlich nie unwohl oder unsicher gefühlt. Man muss sich einfach daran gewöhnen, dass man im Taxi vielleicht einiges mehr zahlt als ein Einheimischer, aber das ist angesichts des deutlich besseren Einkommens auch als DAAD-Stipendiat im Vergleich zu ägyptischen Gehältern in Ordnung. Es handelt sich immer noch um Cent- oder niedrige Eurobeträge. Wenn man nicht stundenlang im Stau stehen will oder zum Teil doch recht weit zur nächsten Metro-Station laufen möchte, um irgendwo hinzukommen, kann man auch im Stadtzentrum vieles relativ gut zu Fuß erreichen, wenn man die Zeit dafür hat. Lohnend ist auch ein Besuch der Veranstaltungen des Goethe-Instituts, welches interessante Konzerte etc. auch von nicht-ägyptischen Künstlern organisiert. Die Museen und Besonderheiten der Stadt konnte man auch gut zusammen mit den Kurskollegen bei den Exkursionen im Rahmen der Seminare, v.a. mit Dr. Mary, kennenlernen, durch welche wir die vielseitige Museumslandschaft Kairos erkunden konnten.

Gerade an den Wochenenden und dann in der vorlesungsfreien Zeit sollte man unbedingt die Gelegenheit wahrnehmen, das wunderschöne Land Ägypten auch außerhalb Kairos kennen zu lernen. Ich bin relativ viel gereist, auch alleine. Das geht ziemlich gut. Es gibt Fernbusse ähnlich wie Flixbus und Co. Mit denen man für wenig Geld (meist ca. 10 Euro für eine einfache Fahrt) bis ans Rote Meer, auf den Sinai oder nach Luxor fahren kann. Dort kann man dann auch für relativ günstig ein gutes Hostel finden und so einen schönen 3 Tages-Trip für ungefähr 50 Euro Fixkosten genießen. Auf diese Weise war ich in Alexandria, in Luxor, in Marsa Alam am Roten Meer und in Dahab auf der Sinai-Halbinsel. Am Roten Meer kann man wunderbare Schnorchel-Ausflüge vor Ort in Ausflugs-Agenturen buchen oder auch auf dem Sinai nachts auf den Moses-Berg steigen und dann einen grandiosen Sonnenaufgang über den Bergen bewundern.

Bei meinen Ausflügen, allein oder mit Studienkollegen, gerade nach Luxor und ins Tell el Amarna leistete mir der von Prof. Ali organisierte Ausweis des Antikenministeriums große Dienste. Man kann damit quasi jeden Tempel und jede Grabanlage im ganzen Land umsonst besichtigen. Manchmal wurde ich etwas argwöhnisch gemustert, es ist wohl nicht so sehr üblich, dass eindeutig nicht-ägyptisch aussehende Europäerinnen mit einem Ministerienausweis auftauchen, aber geklappt hat es eigentlich immer.

Das fakultative Praktikum haben wir zusammen im ägyptischen Museum am Tahrirplatz absolviert. Ich hatte mir zunächst überlegt, dafür nach Aswan ins Nubian Museum zu gehen, letztendlich haben Besuche in Oberägypten jedoch gezeigt, dass die Sprachbarriere auch in den Museen außerhalb Kairos dann doch relativ hoch ist.

Die Zeit im Egyptian Museum war interessant, wenn man auch nicht allzuviel Einbindung in die alltägliche Arbeit im Rahmen dieses Praktikums erwarten darf. Dennoch war es uns dadurch ermöglicht, alle Bereiche des Museums, auch die nicht für Besucher zugänglichen Bereiche, kennen zu lernen.

Zum Schluss möchte ich die grandiose Fürsorge des DAAD für seine Stipendiaten erwähnen. Die Mitarbeiter haben sich wirklich außerordentlich gut um uns gekümmert und z.B. ein Kulturtraining oder auch einen Besuch in der Deutschen Botschaft in Kairo organisiert. Außerdem wurde mir über den DAAD auch die Teilnahme an einer Tagung über Kulturmanagement in Aswan mit Begleitprogramm und luxuriöser Hotelunterbringung finanziert, auf welcher auch einige unserer Dozenten mitwirkten.

Alles in allem durch die wunderbar freundliche Aufnahme in meiner Studiengruppe, durch die Unterstützung und Fürsorge von Prof. Ali, Noha und allen anderen Dozenten und Universitätsmitarbeitern und natürlich durch das herausragende Engagements des Lehrstuhls für Museologie durften ich und meine zwei Mitaustauschstudenten eine wahnsinnig ereignisreiche und lehrreiche Zeit in diesem wunderschönen Land verbringen, die einen nicht nur theoretische und praktische Einblicke in eine ganz andere Art von Museumsarbeit in einem bis dahin fremden Land ermöglichte, sondern auch viele wertvolle Freundschaften und Bekanntschaften. Und ich möchte diese Zeit auf keinen Fall missen und kann nur jedem wärmstens empfehlen, sich für das Austauschprogramm zu bewerben und die Chance auf dieses sicher nicht gewöhnlichen Auslandssemesters zu ergreifen.

Katharina Christina Weber