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Lehrstuhl für Indologie

Geschichte der Würzburger Indologie

Teilbibliothek Kultur-, Geschichts- und Geowissenschaften (Foto: Universitätsbibliothek Würzburg)
Teilbibliothek Kultur-, Geschichts- und Geowissenschaften (Foto: Universitätsbibliothek Würzburg)

Der heutige Würzburger Lehrstuhl für Indologie wurde 1821 als Lehrstuhl für Orientalische Philosophie und Philologie mit Schwerpunkt auf Indien und Persien gegründet. Er ist damit einer der drei ältesten Lehrstühle des späteren Fachs Indologie in Deutschland. Nachdem der Stelleninhaber Othmar Frank 1826 einem Ruf an die neu gegründete Münchner Universität folgte, wurde der Bereich, insbesondere das Sanskrit, lange Zeit nur sporadisch von Professoren anderer Fächer zusätzlich mit vertreten, oft im Rahmen vergleichender Sprachforschung oder vergleichender Mythologie. Von 1866 bis 1870 war es vor allem der klassische Philologe Lorenz Grasberger, der Sanskritkurse anbot, von 1869 bis 1871 auch der Germanist Matthias Lexer, der 1873 das „Seminar für deutsche Philologie“ an der Würzburger Universität begründete.

Seit 1922 wurde neben der indischen Philologie auch „Indogermanische Sprachwissenschaft“ gelehrt und später ein Seminar dieses Namens eingerichtet. An diesem fand zwischen 1931 und 1940 auch der Sanskritunterricht statt. Wegen des Krieges und der Verhältnisse der Nachkriegszeit wurde Sanskrit erst ab 1948 wieder aufgenommen, als sich der Indologe Josef Friedrich Kohl nach Würzburg umhabilierte. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehörten das indische Kastenwesen und der Jainismus. Kohl wurde 1957 zum „Außerplanmäßigen Professor der Indologie“ ernannt und war über seinen Eintritt in den Ruhestand (1973/74) hinaus bis zum Sommersemester 1991 in der indologischen Lehre tätig.

1872 habilitierte sich der in München promovierte Julius Jolly (1849-1932) in Würzburg und übernahm zum Sommersemester 1873 zunächst als Privatdozent den Sanskritunterricht. Er hielt ferner Vorlesungen zu Themen wie „Indische Kulturgeschichte“ oder „Sprachwissenschaft und Völkerkunde.“ 1877 wurde Jolly zum außerordentlichen Professor ernannt, 1886 berief man ihn auf eine „Professur für Sanskrit und Vergleichende Sprachwissenschaft.“ Julius Jolly kann als der bedeutendste Würzburger Indologe angesehen werden und vertrat das Fach über viele Jahrzehnte hinweg in großer Breite. Selbst nach seiner Emeritierung 1920 lehrte er noch bis 1928. Im Winter 1882/83 reiste er nach Indien und war dort unter anderem als „Tagore Professor of Law“ in Kalkutta tätig. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehörten das indische Recht und die indische Medizin. Auf beiden Gebieten hat er bis heute maßgebliche Standardwerke verfasst. 1909/10 war er ferner Rektor der Universität Würzburg.

Zwar war die Indologie 1949/50 wieder als eigenständiges Fach an der Universität Würzburg etabliert worden, wurde jedoch 1953/54 der „Indogermanischen Sprachwissenschaft“ eingegliedert und führte die Bezeichnung „Indogermanische Sprachwissenschaft, Indologie.“ 1980 wurde auch Egon Brucker zum „Außerordentlichen Professor der Indologie“ ernannt. Er hatte sich 1976 mit einer Arbeit über die spätvedische Kulturepoche habilitiert. Ab den 1970er Jahren wurde in der Indologie mit Hilfe von Lehrbeauftragten neben dem Sanskrit wiederholt auch Hindi-Sprachunterricht angeboten. Nach dem Ausscheiden Egon Bruckers war die außerordentliche Professur für Indologie noch bis 1998 vertretungsweise besetzt worden, um sie 1999 unter neuen Vorzeichen als selbständigen Lehrstuhl auszuschreiben. Die Erstbesetzung des neuen Lehrstuhls, der nun zu einem „Institut für Kulturwissenschaften Ost- und Südasiens“ gehörte, erfolgte Anfang 2001 durch Heidrun Brückner, zuvor Professorin für Indologie an der Universität Tübingen, unter deren Leitung das Fach kontinuierlich ausgebaut wurde. Nach deren Ausscheiden übernahm Karin Steiner 2015 - 2017 die Lehrstuhlvertetung, bis im Oktober 2017 Jörg Gengnagel zum neuen Lehrstuhlinhaber und geschäftsführenden Vorstand am Institut für Kulturwissenschaften Ost- und Südasiens berufen wurde. Der Lehrstuhl für Indologie deckt heute in Forschung und Lehre viele wichtige Bereiche vom alten bis zum modernen Indien ab.

Publikationen zur Geschichte der Würzburger Indologie

Heidrun Brückner & Karin Steiner (Hg.), 200 Jahre Indienforschung – Geschichte(n), Netzwerke, Diskurse. Wiesbaden 2012

Heidrun Brückner & Ingo Strauch (Hg.), Kleine Schriften Julius Jolly. Wiesbaden 2012.