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    Lehrstuhl für klassische Archäologie

    signa marmorea

    Form, Präsentation und Semantik der Skulpturenausstattung spätantiker Wohnbauten unter besonderer Beachtung der Hafenstadt Ostia

    Skulpturen aus Marmor – signa marmorea mit den Worten des Ausonius von Bordeaux (Epigrammata 29. 48. 63. 81) – prägten noch in der Spätantike das Bild anspruchsvoller Villen und Stadthäuser. Obgleich einzelne spätrömische Sammlungen in Fachkreisen große Popularität genießen, sind zentrale Fragen bislang ungeklärt (s. u.). Dies liegt nicht zuletzt an einem meist problematischen Erhaltungs- und Forschungsstand: In vielen Villen wie jener von Chiragan sind zwar zahlreiche Skulpturen erhalten, jedoch sind deren architektonische Kontexte nahezu unbekannt. In anderen Anlagen wie z. B. in Piazza Armerina kennen wir zwar den baulichen Befund, können von der statuarischen Ausstattung aber nur mehr wenige Fragmente greifen.

    Die spätantiken Wohnhäuser der Hafenstadt Ostia wurden in diesem Zusammenhang bislang kaum beachtet, obgleich sich hier architektonische Kontexte ebenso wie statuarische Ausstattungsstücke in einzigartiger Dichte erhalten haben. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass die Skulpturenfunde aus Ostia bislang nur in Ansätzen erschlossen sind. In seiner Ausrichtung versteht sich das Projekt daher zunächst als Grundlagenarbeit: Im Rahmen des Vorhabens soll ein Corpus von 48 Skulpturen, die aus zehn römischen Wohnhäusern des 3. bis 5. Jh. n. Chr. stammen, in einer monographischen Publikation ebenso wie in der Datenbank Arachne des Deutschen Archäologischen Instituts schriftlich und fotografisch dokumentiert werden. Darüber hinaus zielt das Projekt auf die Rekontextualisierung der Skulpturenfunde innerhalb ihres ursprünglichen Aufstellungszusammenhanges ab. Hier entfalten die spätantiken Wohnhäuser von Ostia ihr besonderes Potential, da sich dank der Dokumentation der Skulpturenfundorte in den Grabungstagebüchern deren ursprüngliche Standorte in vielen Fällen rekonstruieren lassen. Auf diese beiden ersten Projektziele bauen weiterführende Fragestellungen auf. So werden die Skulpturen als Reflexe historischer Diskurse verstanden, die Botschaften vermitteln und Atmosphären generieren können. Der Vergleich mit Sammlungen in Rom und in anderen Regionen soll schließlich zeigen, wie repräsentativ die in Ostia beobachteten Phänomene für die (Wohn-)Kultur der Spätantike sind.

    Nachdem aufgrund der Corona-Pandemie jegliche Arbeiten vor Ort für nahezu zwei Jahre ausgeschlossen waren, konnte vom 28. März bis zum 1. April 2022 mit freundlicher Unterstützung des Parco Archeologico di Ostia Antica eine erste Fotokampagne in Kooperation mit dem Forschungsarchiv für Antike Plastik der Universität zu Köln (P. Groß und C. Parigi) durchgeführt werden. In diesem Zusammenhang wurden 17 größtenteils im Antiquarium aufbewahrte Objekte erstmals systematisch abgelichtet und somit für die wissenschaftliche Debatte erschlossen. Daneben konnten durch die eingehende Autopsie der Stücke bedeutende Erkenntnisse insbesondere mit Blick auf Reparaturen und Umarbeitungen gewonnen werden, die spannende Einblicke in die antiken Biographien der Statuen gewähren.

    Am 23. März 2023 konnte das Projekt in Kooperation mit dem Parco Archeologico di Ostia Antica und dem Deutschen Archäologischen Institut in Rom einen internationalen Workshop zu Skulpturen aus Ostia und Portus durchführen, der auf reges Interesse stieß. Dabei wurden Schlaglichter auf zahlreiche Einzelstücke und Fundzusammenhänge geworfen, aber auch Perspektiven für eine Rekonstruktion der Skulpturenlandschaften von Ostia und Portus eröffnet.

    Kooperationen: Parco Archeologico di Ostia Antica; Deutsches Archäologisches Institut; Forschungsarchiv für Antike Plastik, Universität zu Köln; Dr. Cristina Murer, Historisches Institut der Universität Bern.

    Veröffentlichungen: M. Danner, Wohnkultur im spätantiken Ostia, Kölner Schriften zur Archäologie 1 (Wiesbaden 2017); E. Bazzechi, Themistokles im Speiseaal? Überlegungen zu Funktion und Kontext der Themistoklesherme von Ostia, in: J. Lang – C. Marcks-Jacobs (Hrsg.), Arbeit am Bildnis. Porträts als Zugang zu antiken Gesellschaften. Festschrift für Dietrich Boschung (Regensburg 2021) 130–149; E. Bazzechi, La decorazione scultorea delle case tardo antiche di Ostia e lo studio della 'Biography of objects' come approccio metodologico, in: E. Bazzechi – J. Lang (Hrsg.), Prospettive per lo studio della iconografia romana. Ambivalenza delle immagini, Bibliotheca Archaeologica 61 (Bari 2022) 129–141; E. Bazzechi – M. Danner, Stadt und Statue – Vorläufiges zu den Skulpturenlandschaften von Ostia, in: A. Landskron – T. Schröder (Hrsg.), Hergestellt und aufgestellt. Produktionsdynamiken und Kontexte römischer Skulpturen im antiken Mittelmeerraum, Internationale Tagung Graz, 25.–27. Februar 2019 (angenommen); E. Bazzechi – M. Danner, Testimoni dell'agonia? La storia movimentata di un gruppo di sculture dalla cd. Sede degli Augustali (Ostia), Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung 129, 2023 (angenommen).