Die Menschen, der Friedhof und die (un)gewollten Pflanzen

Für die Bepflanzung der Friedhöfe gibt es keine allgemein gültigen Regelungen. Das Pflegen ist eine menschliche Aktivität und als solche an Machtverhältnisse gebunden (Stobe 2020; Hartigan 2017). Menschliche Aktuer*innen können dem Wachsen von ungewollten Pflanzen entgegenwirken, in dem sie Pflanzen anbauen oder Flächen versiegeln (Hartigan 2017). Grabplatten und Asphalt als Wege verhindern das Wachstum und verweisen alle Pflanzen auf bestimmte Flächen. Pflanzen sind damit Teil des menschengemachten Systems und haben oft einen symbolischen Charakter (Stobe 2020). Doch auch die Pflanzen gestalten den Friedhof. Sie können über die Grabsteine wachsen und wenn es keine Grabplatten gibt auch auf Wiesen und freien Flächen des Hauptfriedhofs. Sie pflanzen sich fort, wachsen, wollen sich verbreiten, vermehren und gehen in Ruhephasen oder werden wieder Dünger für die Nachkömmlinge. Pflanzen sind gebunden an ihren natürlichen Lebensprozess, mit dem Ziel sich und die eigene Spezies weiter zu verbreiten (Hartigan 2017).

Das menschliche Gestalten von Gräbern ist zwar oft von dem Geschmack der Zeit und der Menschen abhängig, aber das muss nicht immer so sein. So gibt es auf dem Hauptfriedhof auch Grabstätten, die ‚naturbelassen‘ aussehen. Der Mensch entscheidet also immergrüne Pflanzen wachsen zu lassen, was eine Zusammenarbeit von beiden Akteur*innen bedeutet. Pflanzen sind handelnde Akteur*innen in einem komplexen System, wenn auch nicht in der gleichen Geschwindigkeit oder Stärke, die Menschen gewöhnt sind (Stobe 2020). Vielmehr agieren sie im Gestaltungsprozess eines Friedhofs durch ihr Wachstum, der von menschlichen, tierischen und Einflüssen aus der Umwelt abhängig ist. So spielt sich der Zyklus des Lebens von Wachstum, Leben und Tod in einem Friedhof immer wieder aufs Neue ab.