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Professur für Museologie

Im Netz des Sichtbaren

Gemeinsame Ausstellung von vier Würzburger Universitätssammlungen im Rahmen des BMBF-Projekts "Insight", Ausstellungsmanagement: Anna-Sophie Karl MA, Professur für Museologie.

29. Februar bis zum 31. Mai 2020, Martin von Wagner Museum

Sichtbarkeit

Ästhetik, Wahrnehmung, Kultur, Ethik und Erziehung des Sehens und des Blicks funktionieren nicht getrennt voneinander. Menschen sind stets in einem Netz aus sichtbaren und nicht sichtbaren Dingen verwoben. Die Ausstellung untersucht daher Strategien, Technologien und Medien der Sichtbarkeit bzw. des Sichtbarmachens. In welchem Verhältnis stehen die historischen Objekte zur sichtbaren Welt? Was wurde und wird bis heute in ihnen sichtbar gemacht?

Sehen

Wir glauben zu wissen, was wir sehen. Doch sehen wir alle gleich? Ist für alle dasselbe sichtbar? Welcher Blick wurde uns anerzogen? Und was bleibt uns verborgen? In der Ausstellung werden über den wissenschaftlichen Kontext hinaus Ausstellungsbesucher_innen angesprochen und dazu angeregt, durch den Vergleich mit historischen Sichtweisen über das eigene Sehen und die eigene Blick-Biografie nachzudenken.

Schnittstellen

Die Ausstellung ist ein Raum gemeinsamer Reflexionen der beteiligten Disziplinen - Kulturwissenschaft, Kunstgeschichte/Klassische Archäologie, Pädagogik und Psychologie - über die eigene Forschung. Über die Präsentation von fachspezifischen Forschungsergebnissen hinaus wurde nach Gemeinsamkeiten gesucht, die alle beteiligten Sammlungen in ihrer Forschung über das Sehen betreffen.


Ausstellung des INSIGHT-Projekts "Im Netz des Sichtbaren" online besuchbar

Auch die Sonderausstellung Im Netz des Sichtbaren in der Gemäldegalerie bleibt nicht völlig unsichtbar. Bereits seit einiger Zeit erhalten Sie auf Instagram Einblicke in diese Ausstellung rund um das Sehen und die Würzburger Universitätssammlungen. In Kürze können Sie zudem auf der INSIGHT-Website interaktiv in den Ausstellungsraum eintauchen und die vielfältigen Blick-Geschichten der präsentierten Objekte auch von zuhause ganz nah erleben. Oder blättern Sie doch einfach durch die Ausstellung, indem Sie den Begleitkatalog bestellen, der nicht nur alle Objekte und Sammlungen vorstellt, sondern auch zur tieferen Beschäftigung mit den Zeichnungen Martin von Wagners, medizinischen Instrumenten, Schulwandbildern vergangener Zeiten oder psychologischen Versuchen einlädt: https://www.uni-wuerzburg.de/einrichtungen/museen/insight/ausstellung

Der virtuelle Ausstellungsrundgang findet sich auch unter: https://3bd6cx.axshare.com/#id=2af9gf&p=0_1_einf_hrung


Veranstaltungsprogramm

Aufgrund der Sicherheitsmaßnahmen bezüglich des Corona-Virus bleibt die Ausstellung "Im Netz des Sichtbaren" bis auf Weiteres geschlossen. Die Veranstaltungen werden in diesem Zeitraum nicht stattfinden.

Datum Uhrzeit Ort Referent*in Art und Titel der Veranstaltung
10.03.2020 10-13 Uhr (folgt) Simone Doll-Gerstendörfer Workshop: Blind im Museum – wie geht das? Orientierung und Vermittlung für blinde und sehbeeinträchtigte Gäste im Museum (Anmeldung erforderlich)
15.03.2020 11:30 Uhr Ausstellungsraum Prof. Dr. Karen Nolte Spezialführung durch die Ausstellung: Ethik des Blicks
21.03.2020 10:15-12 Uhr Graphische Sammlung (Studierzimmer) Dr. Susanne Müller-Bechtel Workshop: Menschen in Ruhe und Bewegung zeichnen - Theorie und Praxis (Anmeldung erforderlich)
28.03.2020 (folgt) Kleine Galerie Elisabeth Kriep Vortrag: Glasklar - Potenziale der Vermittlung von Glasplattendias in der Medizin-historischen Sammlung Würzburg
28.03.2020 10 Uhr Ausstellungsraum Kristin Finsterbusch Workshop: Beobachten und Erleben: Zeichnen im Museum (Anmeldung erforderlich)
29.03.2020 11-12 Uhr Ausstellungsraum Museumsinitiative Sonntagsführung durch die Ausstellung
04.04.2020 11-12 Uhr Ausstellungsraum Dr. Ina Katharina Uphoff Spezialführung: Schulwandbilder und die Erziehung des Blicks
18.04.2020 18-19:30 Uhr Toscanasaal Prof. Dr. Henning Hamm Vortrag: Moulagen und der dermatologische Blick
21.04.2020 10-13 Uhr (folgt) Simone Doll-Gerstendörfer Workshop: Blind im Museum – wie geht das? Orientierung und Vermittlung für blinde und sehbeeinträchtigte Gäste im Museum (Anmeldung erforderlich)
26.04.2020 11-12 Uhr Ausstellungsraum Museumsinitiative Sonntagsführung durch die Ausstellung
26.04.2020 (folgt) Kleine Galerie PD Dr. Sabine Schlegelmilch Vortrag: Die Suche nach der Nadel im Damen Po. Von neuen Einsichten durch Wilhelm Conrad Röntgens Entdeckung im Jahr 1896
29.04.2020 18-19:30 Uhr Kleine Galerie PD Dr. Oliver Herbort Vortrag: Zeig mal - wie wir Zeigegesten nutzen und verstehen
10.05.2020 11-13 Uhr Ausstellungsraum Corinna Schulz Spezialführung: Die Moulage in der Dermatologie - naturgetreue Abbildung oder idealisiertes Lehrmodell?
14.05.2020 17-19 Uhr Hofgarten der Residenz Wiebke Degler Workshop: Mit Stock und Stein: "Musivbilder" aus Naturmaterialien (Anmeldung erforderlich, Workshop entfällt bei starkem Regen)
24.05.2020 11-12 Uhr Ausstellungsraum Museumsinitiative Sonntagsführung durch die Ausstellung
31.05.2020 11-12 Uhr Ausstellungsraum Museumsinitiative Sonntagsführung durch die Ausstellung

Projekthintergrund

Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts „INSIGHT. Signaturen des Blicks – Facetten des Sehens“ (2017–2020) wurden ausgewählte Bestände erschlossen, analysiert, digitalisiert und zum Teil restauriert. Viele Objekte und Sammlungsschwerpunkte können nun, nachdem sie erforscht sind, in ihrer Einzigartigkeit, Wirkung und Aktualität gewürdigt werden und in der Ausstellung eine neue Sichtbarkeit erfahren. Es werden ausschließlich Objekte aus den an „INSIGHT“ beteiligten Würzburger Sammlungen gezeigt: dem Zentrum für Geschichte der Psychologie, der Forschungsstelle Historische Bildmedien, den Sammlungen des Instituts für Geschichte der Medizin, der Moulagensammlung der Universitäts-Hautklinik und dem Martin von Wagner Museum.


Insight-Ausstellung am 28. Februar 2020 feierlich eröffnet

Die im Rahmen des BMBF-Projekts Insight unter Mitwirkung der Würzburger Museologie erarbeitete Ausstellung "Im Netz des Sichtbaren" wurde vor kurzem im Martin von Wagner-Museum eröffnet. Zum Kurator*innen-Team gehörten: die Pädagogin Wiebke Degler, die Kulturwissenschaftlerin Maria Keil, die Kunsthistorikerin Carolin Goll, der Psychologe Sebastian Burger, die Gestalterin Michaela Lautenschlager und - last but not least - unsere Museumswissenschaftlerin Anna-Sophie Karl, die für das Ausstellungsmanagement und die gesamte Ausstellungsorganisation zuständig war.

Außerdem haben noch mehrere Studierende der Würzburger Museologie als Hilfskräfte an der Realisisdrung der Ausstellung sowie des Begleitprogramms mitgewirkt. Die Ausstellung läuft von 29.02.2020 bis 31.05.2020. Sie ist geöffnet Dienstag bis Samstag von 10:00 bis 13:30 Uhr und jeden zweiten Sonntag von 10:00 bis 13:30 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Weitere Infos und Presseberichte:

https://www.uni-wuerzburg.de/aktuelles/veranstaltungen/detail/news/sonderausstellung-im-netz-des-sichtbaren/

https://www.instagram.com/wue_macht_sichtbar/

https://www.mainpost.de/ueberregional/kulturwelt/kultur/In-der-Wuerzburger-Residenz-Ich-sehe-was-was-Du-nicht-siehst;art3809,10417737

 


Ohne zu sehen im Netz des Sichtbaren. Workshop zum Thema Inklusion

von Simone Doll-Gerstendörfer und Anna-Sophie Karl

Spannende und beeindruckende Erlebnisse im Museum, das wünschen sich alle Gäste! 
Doch wie soll das gehen, wenn Besuchende wenig oder gar nicht sehen können? Wie orientieren sie sich? Wie kommen sie an Informationen, die sehenden Menschen einfach „ins Auge fallen“? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigten sich die Teilnehmenden des Workshops „Blind im Museum – wie geht das?“ von Simone Doll-Gerstendörfer. Gemeinsam überlegten sie, was es braucht, damit auch Menschen mit Sehbeeinträchtigung Ausstellungen genießen können. Dabei waren alle Sinne und kreatives Denken gefragt. Dieser Workshop war Teil des Rahmenprogramms zur Ausstellung „Im Netz des Sichtbaren“ im Martin von Wagner Museum der Universität Würzburg, einer Ausstellung in dem das Sehen hinterfragt wird.

Zum Einstieg durften die Teilnehmenden gleich selbst ausprobieren, wie es ist, sich ohne Sehvermögen zurecht zu finden. Die Augen bedeckt mit schwarzen Masken tasteten sie sich paarweise durch die Stockwerke der Würzburger Residenz. Mit diesen Erfahrungen im Gepäck widmeten sie sich anschließend dem theoretischen Hintergrund: Was bedeutet eigentlich Inklusion? Welche unterschiedlichen Beeinträchtigungen gibt es? Wie häufig kommen sie vor? Wie kann man sich im Museum damit zurecht finden und welche Angebote gibt es für Menschen mit Beeinträchtigung? Simone Doll-Gerstendörfer hat dafür zahlreiche Beispiele aus Seminaren und inklusiven Projekten mitgebracht. Die Relevanz des Themas für die museale Arbeit wurde deutlich, als die Teilnehmenden erfuhren, dass nahezu 10% der Deutschen mit einer erheblichen Behinderung lebt. Im Folgenden wurde der Fokus auf Sehbeeinträchtigungen gelegt und inklusive Angebote für Menschen mit diesem Handicap besprochen: Tastpläne, Tastmodelle sowie verschiedene Schriften wurden getestet sowie Vor- und Nachteile  erörtert. Immer wieder konnte vieles ausprobiert werden: den eigenen Namen auf Tastfolie schreiben, blind ein Glas Wasser einschenken oder die Welt durch Brillen, welche Krankheiten simulieren, mal mit ganz anderen Augen betrachten.

Anschließend erkundete die Gruppe blind die Ausstellung „Im Netz des Sichtbaren“. Mit Langstöcken und Augenmasken ausgestattet versuchten die Teilnehmenden, sich in den Räumen zu bewegen und zu orientieren. Schnell stellten sie außerdem fest, dass ein blinder Mensch in dieser Ausstellung so gut wie gar nichts selbstständig erfahren kann. So machte sich die Gruppe an die Aufgabe, anhand ausgewählter Exponate, wie z.B. einer Wachs-Moulage zum Krankheitsbild „Varizellen“ (Windpocken), inklusive Ideen der Vermittlung zu diskutieren. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass man Gästen mit einer Sehbeeinträchtigung Exponate, wo es möglich ist, im Original oder in Form einer Nachbildung als Tastmodell zur Verfügung stellen sollte. Ergänzt durch Erklärungen können sich blinde Besuchende so einen guten Eindruck von Ausstellungsgegenständen verschaffen. Werden neben dem Tasten weitere Sinne, wie z.B. der Geruchssinn angesprochen, ist das von Vorteil. In unserem Fall können Gäste damit sowohl die Form und Beschaffenheit der Moulage, als auch den Geruch von Wachs nachempfinden. Je mehr Sinne angesprochen werden, desto mehr Bausteine stehen blinden Menschen zur Verfügung, um sich ein eigenes Bild eines Exponates zu formen. Und unterm Strich, das hatte die Gruppe beim eigenen Tasten, Riechen und Ausprobieren selbst erfahren, ist es für alle Gäste eine Bereicherung, Ausstellungen mit allen Sinnen und interaktiv erleben zu dürfen! 

Im Rückblick empfanden die Teilnehmenden vor allem die Selbsterfahrungsübungen als sehr bereichernd: „So kann man sich viel besser hineinversetzen, wie es ist, wenn man schlecht oder gar nichts sehen kann“, resümierte eine Teilnehmerin. „Ich hätte nie gedacht, dass es so viele verschiedene Augenkrankheiten gibt“, meinte eine andere. Und an einem Punkt des Vormittags rückte das Thema Behinderung plötzlich ganz nah an alle heran: Als die Gruppe erfuhr, dass 96% aller Behinderungen im Laufe des Lebens erworben werden. Gut sehen zu können bekommt in dem Zusammenhang eine ganz neue Qualität.


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