Intern
Professur für Museologie

Objekte erleben 2014

Interaktions- und Vermittlungskonzepte des Projektseminars "Objekte erleben: Benutzerzentrierte Gestaltung im Museum"

In fünf gemischten Teams haben Studierende der Fächer Museumswissenschaft (MA), Mensch-Computer Systeme (BA) und Human Computer Interaction (MA) nach einer qualitativen Besucherbefragung im SoSe 2014 neue Präsentationskonzepte für fünf Objekte des Mainfränkischen Museums erarbeitet. Am 08.07.2014 fand die Abschlusspräsentation im Mainfränkischen Museum statt.

Die Teams stellten am Dienstag einem breiten Publikum im Mainfränkischen Museum die Ergebnisse ihrer Semesterarbeit vor. Die neu entwickelten Interaktions- und Vermittlungskonzepte umfassten eine Schaulustvitrine für Richtschwerter mit Verankerung im Stadtmodell, ein Tangible User Interface als begreifbare Schnittstelle zum Portrait Balthasar Neumanns, ein Raumkonzept mit Lausch- und Lügenhöhle für die Würzburger Lügensteine, eine interaktive Vitrine für einen 3000 Jahre alten Kultwagen, sowie ein verhüllendes flexibles Display mit Interaktionsrondell für Wagners Dornauszieher.

Das Rechenzentrum hat in einem Kurzartikel den Prozess des 3D Scanens des Dornausziehers beschrieben.

Raumkonzept mit Lausch- und Lügenhöhle für die Würzburger Lügensteine (Jenny Amarell, Tilmann Bruhn, Veronika Leikauf, Florian Haselbach):

Das Modell stellt ein multimediales Raumkonzept dar, das die Würzburger Lügensteine ansprechend präsentieren und ihre weitreichende Bedeutung sowohl für Kinder als auch für Erwachsene vermitteln soll. Der Tisch in der Mitte des Raumes dient einerseits als Vitrine für die Exponate und andererseits als Nutzfläche für vier Touchscreens, welche inhaltliche Informationen für Kinder und Erwachsene beinhalten. Die Lausch- und Lügenhöhle ist nur Kindern zugänglich. Im Innenraum der Höhle sind Lügensteine in einzelnen Vitrinen in die Höhlenwand eingebaut. Dies bietet Kindern die Möglichkeit, sich mit den Exponaten zu befassen, die Atmosphäre der Höhle zu genießen und gleichzeitig einem Hörspiel zu lauschen. An beiden länglichen Seitenwänden des Ausstellungsraums können zudem Replikate der Lügensteine auf einem Monitor platziert werden: Je nach Motiv erscheinen dann animierte Projektionen sowie Hintergrundinformationen auf den Wänden.

Verhüllendes flexibles Display als Rundvitrine mit Interaktionsrondell für die Statue des Dornausziehers (Moritz Albert, Pascal Becker, Sophia Kippes, Susanne Ries):

Der Dornauszieher wurde um 1770 vom Bildhauer Johann Peter Wagner im Auftrag des, zu jener Zeit in Würzburg und Bamberg regierenden, Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim für den Garten der Sommerresidenz in Veitshöchheim angefertigt. Die Skulptur zeigt einen Jüngling, der sich einen imaginären Dorn aus seiner Fußsohle entfernt. Die mediale Vermittlung der Inhalte zum Dornauszieher geschieht zum größten Teil interaktiv über eine Multi-Touch-Vitrine, die als Zylinder die Skulptur umschließt. Befindet sich kein Besucher an der Vitrine, zeigt diese - als eine Art Bildschirmschoner - Blätter, die an die Hecken in Veitshöchheim erinnern sollen. Mittels Berührung wird die Vitrine aktiviert und transparent. Inhalte können nun an vier verschiedenen, voneinander unabhängigen Stellen aufgerufen werde. Im Sockel des Dornausziehers befinden sich weitere Stationen: eine Taststation mit einer Miniatur-Ausgabe der Figur, eine Kinderstation mit Bildhauer-Werkzeug und verschiedene Aufforderungen, die Skulptur selbst mit den Augen zu erkunden. Für einen nachhaltigen Eindruck des Dornausziehers liegen am Standort Postkarten aus, die auf der einen Seite die Skulptur zeigen, auf der Rückseite aber noch mit einer Karte des Museums auf andere, verwandte Objekte hinweisen, wie den Bozzetto (Vorlage), weitere Skulpturen aus Veitshöchheim im Gartensaal oder Objekte der Familie Wagner.

Interaktive Vitrine für den 3000 Jahre alten Kultwagen aus Acholshausen (Claudia Bauer, Martine Dühr, Stefanie Ebert, Patricia Pfeiffer):

Der Acholshausener Kesselwagen ist einer der bedeutendsten Funde seiner Zeit. Obwohl sich Archäologen uneinig sind über Gebrauch und Funktion des Wagens, ist die filigrane Verarbeitung der Bronze ohne Vergleich. Eine interaktive Vitrine, an prominenter Stelle im Ausstellungsraum platziert, soll helfen, den Besucher auf das Meisterwerk aufmerksam zu machen. Der Museumsgast kann mit Hilfe eines Touch-Bildschirms auswählen, welche Informationen ihn am meisten interessieren und über die er mehr erfahren möchte. Wahlweise werden diese als Text, Video oder Tonspur vermittelt. Zudem kann aus vier Sprachen gewählt werden, damit auch internationale Besucher Würzburgs und des Mainfränkischen Museums nicht ausgeschlossen werden.

Schau-Lust-Vitrine für die Richtschwerter mit Bezug zum Stadtmodell (Lisa Hrubesch, Sina Lory, Immanuel Pelzer, Jasmin Schmitt):

Die Schau-Lust-Vitrine spielt mit der Neugier und der Schaulust der BesucherInnen: Das auf die innere Rückwand projizierte Schattenspiel zeigt eine angedeutete Köpfung durch eines der ausgestellten Richtschwerter: Auf diese Weise kann man die Hinrichtung über die Schultern der angebrachten Holzsilhouetten in Menschengestalt hinweg beobachten. Zugleich ist die Vitrine durch eine auf dem Boden fixierte Linie mit dem Würzburger Stadtmodell verbunden. Über ein Tablet können Informationen zu Hinrichtungen im Mittelalter aufgerufen und der Bezug zur Stadt hergestellt werden. Ein weiterer Screen zeigt aktuelle Twitter-Meldungen unter #Hinrichtung und stellt eine Verbindung zur aktuellen Diskussion über die Todesstrafe her.

Tangible-User-Interface als begreifbare Schnittstelle zum Portrait Balthasar Neumanns (Felix Käfer, Yannick Philipzig, Robert Tscharn, Mona Zimmer):

Ziel unseres Konzeptes war es, das Porträt, welches Markus Friedrich Kleinert 1727 von Balthasar Neumann anfertigte, der Besuchergruppe Familie näher zu bringen. Der Fokus wurde hierbei auf die Elemente des Bildes gelegt, die den Werdegang Neumanns beschreiben: die Residenz, der Mantel, die Perücke, der Plan einer Festung, die Rüstung, die Kanone und das Familienwappen. Die Bildobjekte werden als stilisierte 3D-Drucke auf einzelnen kleinen Regalen positioniert, die einen Pfad zum Objekt hin bilden. Außerdem wird ein Bildschirm, hochformatig neben das Portrait gehängt sowie mit Computer und Richtlautsprecher verbunden. Der Bildschirm zeigt im Ausgangszustand das Portrait. Wird eines der 3D-Objekte an die entsprechende Position am Monitor gehalten, wird dieses mittels des am Objekt angebrachten Senders erkannt und ein kurzer zu dem Objekt passender Einspieler gezeigt. Neben der multimedialen Aufarbeitung soll auf der anderen Seite des Bildes ein größerer Wandtext platziert werden, der ebenfalls die einzelnen Bildelemente behandelt und deren Rolle für Neumanns Leben aufzeigt: Damit können sich mehrere Personen gleichzeitig und auf unterschiedliche Weise über das Porträt informieren und sich darüber austauschen.