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Institut für Kunstgeschichte

Neue Publikation: The Medici Oriental Press: Knowledge and Cultural Transfer around 1600

09.02.2023

Die Typographia Medicea war eines der innovativsten Medienunternehmen der Frühen Neuzeit – 1584 in Rom gegründet, finanziert von Kardinal Ferdinando de' Medici und geleitet vom Mathematiker, Universalgelehrten und Sprachgenie Giovanni Battista Raimondi (ca. 1536 – 1614). Die Publikation enthält neue Studien und unbekannte Dokumente zum Verlagshaus aus den Archiven von Rom und Florenz.

Das von Eckhard Leuschner und Gerhard Wolf herausgegebene, aus einem DFG-Projekt hervorgegangene Buch versammelt Studien renommierter Spezialisten und zahlreiche unbekannte Dokumente aus den Archiven von Rom und Florenz zur Typographia Medicea, auch bekannt als Typographia Medicea Linguarum Externarum, einem der innovativsten Medienunternehmen der Frühen Neuzeit. 1584 in Rom gegründet und finanziert von Kardinal (ab 1587 Großherzog) Ferdinando de’ Medici (1549 –1609), wurde die Typographia Medicea vom Mathematiker, Universalgelehrten und Sprachgenie Giovanni Battista Raimondi (ca. 1536 –1614) geleitet. Sie war der bis dahin ambitionierteste Versuch der Etablierung eines Instituts, das gedruckte Bücher in allen Sprachen der Welt herzustellen vermochte.


Anfangs konzentrierte man sich auf Bücher auf Arabisch, Syrisch und anderen „orientalischen“ Sprachen, aber prinzipiell war der Verlag als typographisches Instrument der frühmodernen Globalisierung angelegt. Bis zu seiner Schließung kurz nach dem Tod Raimondis produzierte die Typographia Medicea unter anderem eine arabische und arabisch-lateinische Edition der vier Evangelien, Grammatiken des Arabischen und Syrischen und klassische arabische Texte zur Philosophie, Geografie und Mathematik. Die Qualität der editorischen Vorarbeit, der Lettern und des Druckbildes war in ihrer Zeit einzigartig. Mit den Illustrationen wurden einige der renommiertesten Vorlagenzeichner und Kupferstecher der Epoche beauftragt, darunter Antonio Tempesta, Francesco Villamena und Leonardo Parasole.


Das Buch widmet sich auch den Schwierigkeiten, mit denen die Typographia Medicea bei der Umsetzung ihrer globalen Vision zu kämpfen hatte – sei es, dass von Anfang an ein Zielkonflikt zwischen den missionarischen Absichten der katholischen Kirche und den wissenschaftlich-philologischen Interessen Raimondis bestand, sei es, dass der finanzielle Zuschussbedarf enorm war und die vatikanische Zensur für Verzögerungen sorgte, sei es, dass der Verkauf der auf Arabisch und Syrisch gedruckten Titel in den noch weitgehend von Handschriftlichkeit geprägten „Zielregionen“ schwer zu organisieren war und nur schleppend anlief. Auch der in jenen Jahren tobende Krieg zwischen Kaiser Rudolf II. und seinen Alliierten mit den Osmanen sorgte für Rückschläge. Dennoch darf die in einem der Bücher der Typographia Medicea enthaltene Verkaufserlaubnis des osmanischen Sultans („Firman“) als erster auf Türkisch gedruckter Text überhaupt gelten.


Giovanni Battista Raimondis Privat- und Verlagshaus in Rom war trotz vieler geschäftlicher Widrigkeiten ein bedeutendes Anlauf- und Nachrichtenzentrum für alle, die in Europa um 1600 mit dem „Orient“ zu tun hatten. Das im vorliegenden Buch erstmals publizierte Inventar der Besitztümer Raimondis verdeutlicht den im damaligen Italien einzigartigen Rang seiner Bibliothek arabischer, syrischer, türkischer, persischer und äthiopischer Manuskripte. Raimondis nun transkribiertes römisches Tagebuch legt seine internationalen Netzwerke in Politik und Gelehrtenwelt offen. Auch zur Organisation der Typographia Medicea und ihrer Vertriebswege bieten die hier veröffentlichten Archivalien detaillierte Informationen, wie sie in solcher Ausführlichkeit für nur wenige andere Verlage der Epoche erhalten sind.

The Medici Oriental Press: Knowledge and Cultural Transfer around 1600, hg. von Eckhard Leuschner und Gerhard Wolf, Florenz, Olschki, 2022 (Biblioteca di bibliografia. Documents and Studies in Book and Library History, Bd. 216), ISBN: 9788822267924

 

 

 

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